Die Aachen-Trilogie 02 - Der glaeserne Schrein by Petra Schier

Die Aachen-Trilogie 02 - Der glaeserne Schrein by Petra Schier

Autor:Petra Schier [Schier, Petra]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Belletristik, Belletristik/Historische Kriminalromane, Historische Krimis
ISBN: 9783499248610
Google: kuFqAgAAQBAJ
Herausgeber: Rowohlt Verlag GmbH
veröffentlicht: 2010-03-31T21:56:59+00:00


23. KAPITEL

Zwar hatte Christophorus seine große Ledertasche mit den vorgefertigten Ablassurkunden, den Federkielen und dem fest verschlossenen Tintenhorn mitgenommen, doch wanderte er eher ziellos über den Marktplatz. Er sprach niemanden mit dem freundlichen, hintergründigen Ton an, den er sich für seine Verkaufspredigten zugelegt hatte. Heute brachte er weder die nötige Energie noch den Enthusiasmus auf, mit dem er die Menschen für gewöhnlich davon zu überzeugen pflegte, dass der Erwerb eines Ablassbriefes ihrem Wohl förderlich sei. Stattdessen spürte er seit langer Zeit zum ersten Mal Zweifel, ob das, was er tat, auf Dauer seinem eigenen Seelenheil guttun würde.

Noch immer wehte ein eisiger Wind, der die klamme Luft des Morgens mittlerweile vertrieben hatte. Christophorus zog den Kragen seines Mantels fester zusammen. Er setzte sich trotz der Kälte auf die Stufen, die zum Eingang des imposanten Rathauses hinaufführten. Der Kaxhof lag menschenleer vor ihm; bei diesem Wetter hatten sich alle Einwohner Aachens, denen die Möglichkeit gegeben war, an ihr warmes Herdfeuer zurückgezogen.

Nachdenklich blickte Christophorus zum Dom hinüber, jenem Bauwerk, das schon seit Jahrhunderten in stolzer Größe über die Stadt zu wachen schien. Durch den zur Ehre Gottes und der Heiligen Jungfrau errichteten Anbau der Chorhalle wirkte er noch prächtiger und eindrucksvoller.

Bisher hatte Christophorus immer geglaubt, der Weg, den er eingeschlagen hatte, sei ihm vorherbestimmt gewesen. Er hatte sich in der Rolle, die ihm das Schicksal zugeteilt hatte, immer sehr wohlgefühlt. Deshalb konnte er sich die Zerrissenheit, die ihn seit seiner Ankunft in Aachen ergriffen hatte, nicht erklären.

Kurz dachte er an Estella und fühlte leichtes Bedauern über die Trennung, die er durch sein Verhalten herbeigeführt hatte. Jedoch – und dafür schämte er sich zutiefst – war über Nacht ein weiteres Gefühl hinzugekommen: Erleichterung.

Die kleine Akrobatin hatte es nicht verdient, dass er sie so wenig vermisste, dennoch konnte er nicht umhin, mehr an Marysa zu denken als an Estella. Die Hartnäckigkeit wiederum, mit der sich Marysa ständig in seine Gedanken und seine Gefühle drängte, machte ihm zunehmend Angst. Er wusste schließlich, dass solche Anwandlungen zu nichts führten. Marysas Welt und seine lagen einfach zu weit auseinander, als dass es jemals möglich sein würde, die Grenzen zwischen ihnen zu überwinden.

«Heute seht Ihr viel weniger abgeklärt aus als üblich, Bruder Christophorus.» Die Stimme des alten Amalrich ließ Christophorus zusammenfahren. «Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich vermuten, dass Euch ein Herzeleid plagt.» Der alte Pilger ließ sich umständlich neben Christophorus nieder und blickte versonnen zum Dom hinüber. «Ein gottgefälliges Bauwerk, nicht wahr?» Dann sah er Christophorus wieder an. «Warum seid Ihr kein Inquisitor mehr?»

Christophorus hob nur die Schultern. «Eine Gewissensfrage», antwortete er knapp.

«Aha.» Amalrich schien dies zu genügen, denn er hakte nicht weiter nach. Stattdessen wechselte er abrupt das Thema. «Die Familien Goldschläger und Markwardt stecken in ziemlichen Schwierigkeiten, nicht wahr? Es scheint schlecht um den Goldschmied zu stehen.»

«Wir versuchen alles, um seine Unschuld zu beweisen», sagte Christophorus leise.

«Ihr helft der Familie also – wie einst», stellte Amalrich fest, und es klang, als habe er mit dieser Antwort bereits gerechnet. «Warum macht Ihr das, Bruder Christophorus?



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